
Volkswagen hat seit dem Ausbrechen des Skandals um manipulierte Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen im letzten Jahr wiederholt bekräftigt, zukünftig verstärkt auf Elektromobilität setzen zu wollen. VW-Chef Matthias Müller will Elektroautos „zu einem neuen Markenzeichen des Konzerns“ machen. Neben Teilzeit-Stromern mit Plug-in-Hybridantrieb sollen zu diesem Zweck auch von Grund auf als Elektroautos konzipierte neue Modelle auf den Markt gebracht werden. Bis 2025 will VW ein Viertel seines Absatzes mit elektrifizierten Fahrzeugen realisieren – darunter auch Modelle mit „eigenständigem Charakter“.
Laut Thomas Lieber, Leiter Gesamtfahrzeug E-Mobility, wird Volkswagen bei Elektroautos künftig neue Wege gehen. „Arbeitsmethoden und Standards, die bei der Entwicklung klassischer Verbrennungsmotoren gelernt und etabliert sind, können nicht einfach so übernommen werden,“ so Lieber zu Automobilwoche. Bei der Kernmarke VW gibt es neben diversen Fahrzeugen mit Hybridantrieb derzeit mit e-Golf und e-up! nur zwei reine Stromer. Beide Fahrzeuge basieren auf Verbrenner-Modellen und kommen daher nur weniger als 200 Norm-Kilometer weit. Nach der Vorstellung der Kompakt-Elektroautos Tesla Model 3 und Chevrolet Bolt/Opel Ampera-e gelten mittlerweile jedoch mindestens 300 Kilometer als neuer Branchenstandard.
Um die angestrebte Image-Korrektur zu meistern sowie zukünftige Co2- und Geschäftsziele erfüllen zu können, plant Volkswagen bei Elektromobilität mittelfristig ein deutlich besseres Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten. Direkte Wettbewerber des Wolfsburger Herstellers wie Renault oder Nissan haben bereits seit längerem Autos mit mehr Elektro-Kilometern zu deutlich günstigeren Preisen im Programm. US-Branchenprimus Tesla hat es zudem geschafft, Elektromobilität „sexy“ zu machen und seine zahlreichen Fans zu aktiven Fürsprechern, Förderern und Käufern seiner Premium-Elektroautos zu machen.
Um den Vorsprung von Tesla, Chevrolet, Renault, Nissan & Co. aufzuholen, plant Volkswagen bei seinen neuen rein elektrischen Baureihen „vom Design bis zum Vertriebskonzept einen eigenständigen Charakter“ zu bieten, kündigte Lieber an. Der derzeit in Entwicklung befindliche „Elektroautobaukasten“ MEB soll dabei sicherstellen, dass neue E-Autos von VW die Vorteile des alternativen Antriebs voll ausnützen können. So könnte unter anderem – ähnlich wie bei Teslas Stromern Model S und X – ein zweiter Kofferraum in der Front für mehr Stauraum sorgen.
VW-Entwicklungsvorstand Frank Welsch erklärte kürzlich, dass sich die für Langstrecken-Elektroautos notwendige Zelltechnologie „rasant“ weiterentwickle und in Zukunft „sogar noch schneller“ voranschreiten werde. Die MEB-Plattform berge „großes Skalierungspotential“ und werde mittelfristig „alles Mögliche“ von niedrigeren Kosten bis hin zu schnellerer Forschung und Entwicklung möglich machen. Vor dem Start der neuen Elektroauto-Generation soll in einem ersten Schritt der bereits erhältliche e-Golf auf bis zu 300 Kilometer Reichweite aufgerüstet werden.
VW plant Elektroautos mit „eigenständigem Charakter“