
Wegen des Abgas-Skandals bei Volkswagen steht nicht nur der Hersteller selbst in der Schusslinie: Auch der Bundestag muss „pikante Fragen“ klären, so die Automobilwoche. Ein Untersuchungsausschuss soll ergründen, wie es möglich sein kann, dass mit dem Segen der Politik die von den Autoherstellern angegebenen Kraftstoffverbräuche und Auspuffemissionen, die in der Realität nicht erreicht werden können, so „auseinanderfallen“. Der designierte Ausschuss-Vorsitzende Herbert Behrens (Linke) will demnach geklärt sehen, ob die Branche gezielt Schlupflöcher „mit aggressivem Lobbyismus“ durchgesetzt hat.
Es gehe um „organisiertes Staatsversagen, welches Betrügen und Schummeln einer ganzen Branche erst möglich gemacht hat“, sagt Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer dem Fachblatt zufolge. „Wir wollen wissen, warum die Bundesregierung so lange weggeschaut hat, obwohl ihr zahlreiche Hinweise vorlagen, dass Autos die Grenzwerte auf der Straße nicht einhalten.“
Vor allem Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt wird sich erklären müssen: Die Opposition wirft dem CSU-Politiker Versagen und Geheimniskrämerei bei der Aufklärung des VW-Skandals vor. „Umweltschützer prangern nicht zuletzt an, dass die VW-Abgas-Affäre in den USA aufflog, während Dobrindts Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) tief geschlafen habe“, so die Automobilwoche.
Der Untersuchungsausschuss beschäftigt sich aber nicht nur mit der Diesel-Krise. „Bis zurück ins Jahr 2007 soll das Regierungshandeln unter die Lupe kommen“ – unter den damaligen Ministern Peter Ramsauer (CSU) und Wolfgang Tiefensee (SPD). Zur Sprache kommen soll auch, warum Volkswagen nach bisherigem Stand nur in den USA Entschädigungen an Autokäufer zahlen soll – und in Europa nicht. Klaus Müller, Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv): „In Deutschland haben wir offenkundig Kunden zweiter Klasse.“
Im September soll die inhaltliche Arbeit des Ausschusses beginnen. Bis dahin dürfte ein großer Berg Akten von diversen Ministerien und Behörden zusammengekommen sein. Wer nach deren Sichtung dann Rede und Antwort stehen muss, wird sich zeigen. Dobrindt auf jeden Fall, sind sich die Beteiligten sicher. Und womöglich trifft es auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Abgas-Skandal: Untersuchungsausschuss nimmt Bundesregierung unter die Lupe