
Volkswagen hat vergangene Woche einen „Zukunftspakt“ mit harten Sparmaßnahmen verkündet. Im Anschluss sorgte Konzernchef Matthias Müller mit fragwürdigen Aussagen zum Dieselskandal und Elektroautos für Aufsehen und breite Kritik. Diese Woche hat Markenchef Herbert Diess seine Vision für die Zukunft von VW vorgestellt. „Mit Transform 2025+ haben wir den größten Veränderungsprozess in der Geschichte unserer Marke angestoßen“, so Diess. Neben deutlichen Einsparungen sieht die neue Unternehmensstrategie für die Kernmarke unter anderem vor, den Wolfsburger Autobauer bis 2025 zum Weltmarktführer bei Elektroautos zu machen.
„Begeisterte Kunden, zukunftssichernde Ertragskraft, nachhaltige Mobilität und eine neue Teamkultur sind die Grundlage für den Weg der Marke Volkswagen in die Zukunft. Das neue, international gültige Leitbild heißt ‚Volkswagen: Moving People Forward'“, kündigte Diess an. Zu diesem Zweck soll die Marke grundlegend neu aufgestellt werde, im Mittelpunkt steht eine „Markenpositionierung über Regionen und Segmente hinweg“. Hohe Investitionen in Elektromobilität und Konnektivität sollen dabei „von einer deutlichen Effizienz- und Produktivitätssteigerung“ flankiert werden.
Den vom im vergangenen Jahr abgelösten Management um Ex-Konzernchef Martin Winterkorn gesetzten Kurs will Diess nicht weiterverfolgen. „Volkswagen wird sich in den kommenden Jahren grundlegend verändern, nur die allerwenigsten Dinge werden so bleiben wie sie sind. Die neue Strategie ist letztlich ein großes Transformationsprogramm“, so der ehemalige BMW-Manager und weiter: „Unser Anspruch ist hoch, unsere Strategie sehr ambitioniert. Wir wollen den Wandel nutzen und Volkswagen entschlossen an die Spitze der neuen Automobilindustrie führen“.
Die Neuausrichtung der Marke Volkswagen soll in drei Schritten erfolgen: In Phase 1 geht es bis zum Jahr 2020 um die Restrukturierung des Kerngeschäfts und einen grundlegenden Umbau entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Gleichzeitig soll das Unternehmen neue Kompetenzen aufbauen. In Phase 2 strebt Volkswagen bis 2025 „auf der Basis seiner wiedergewonnenen Stärke als führender und profitabler Volumenhersteller“ den Sprung an die Spitze der Elektromobilität an. Die Strategie zielt dabei auf eine Verbreiterung der Ertragsbasis ab, beispielsweise durch neue Mobilitätsdienste. Eine nach 2025 erwartete große Transformation der Branche will Volkswagen „von der Spitze maßgeblich mitgestalten“. Bis zum Jahr 2030 wird die Führungsrolle in der neuen Welt der Automobilität angestrebt.
Ein Kernelement der VW-Zukunftsstrategie ist die Positionierung im oberen Bereich des Volumensegments, nah an den Premiumwettbewerbern. Bisher hat Volkswagen dies nur in China und Europa verfolgt. Weltweit erreicht werden soll die Positionierung unter anderem durch eine Neuausrichtung der Produktstrategie, mit einer SUV-Offensive in erster und der geplanten Elektrifizierungswelle in zweiter Stufe. Eine weltweit einheitliche Markenführung mit neuem Designkonzept stellt eine weitere Komponente dar.
Die VW-Strategie „Transform 2025+“ im Detail
Elektro-Offensive & Digitalisierung
Elektromobilität soll künftig zum Markenkern von Volkswagen gehören. „Ab 2020 starten wir unsere große Elektro-Offensive. Als Volumenhersteller wollen wir einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dem Elektroauto zum Durchbruch zu verhelfen: Wir zielen nicht auf Nischenprodukte, sondern auf das Herz des Automarktes. Bis 2025 wollen wir eine Million Elektroautos pro Jahr verkaufen und Weltmarktführer in der Elektromobilität sein. Unsere künftigen Elektroautos werden das neue Markenzeichen von Volkswagen“, betonte Diess.
Finanzieren will der Vorstandsvorsitzende der Marke VW die E-Offensive unter anderem durch den Wegfall von volumen- und ertragsschwachen konventionellen Modellen und Varianten. Dadurch sollen Investitionsmittel in Höhe von mehr als 2,5 Milliarden Euro verfügbar gemacht werden.
In Sachen Digitalisierung plant Volkswagen die Entwicklung einer eigenen Plattform bestehend aus Diensten und Services, die zum führenden „digitalen Ökosystem“ in der Automobilbranche aufgebaut werden sollen. Bis 2025 rechnet das Unternehmen mit weltweit 80 Millionen aktiven Nutzern. Den Jahresumsatz mit Diensten und Services rund um das vernetzte Fahrzeug veranschlagt VW bis 2025 auf rund eine Milliarde Euro.
Neue Unternehmenskultur
Volkswagen soll unter Diess eine umfassende Organisationsreform erfahren – das Ziel: „Agilität, mehr Unternehmertum, eine offenere Diskussionskultur, flachere Hierarchien und flexiblere Arbeitsmodelle“. Ausgangspunkt wird ein neues Unternehmensleitbild und konkrete Ziele zu Ertragskraft, Nachhaltigkeit und Arbeitgeberattraktivität sein. Darüber hinaus sind ein neues Führungsmodell sowie eine breit angelegte „Integritätskampagne“ geplant.
USA, China und der Rest der Welt
In Nordamerika will Volkswagen trotz des Diesel-Skandals „von einem Nischenanbieter zu einem relevanten und profitablen Volumenhersteller“ aufsteigen. „Wir werden unser Engagement in den USA deutlich verstärken. Den Fokus legen wir auf die dortigen Kernsegmente, also auf große SUVs und Limousinen. Dort bauen wir unser Angebot kräftig aus. In einer zweiten Welle werden wir dann auch unsere neuen Elektroautos nach Nordamerika bringen. In den kommenden Jahren werden wir erheblich in die Elektro-Infrastruktur investieren“, kündigte Diess an. Die lokale Produktion von Fahrzeugen auf Basis des Elektroauto-Baukastens MEB soll ab 2021 starten.
In China soll „die bereits erreichte Position als führender Premiumhersteller gefestigt werden“, dazu sind eine SUV-Offensive und der schnelle Hochlauf von Elektrofahrzeugen vorgesehen. Volkswagen zielt in China zudem auf das stark wachsende Economy-Segment ab, die Entwicklung entsprechender Modelle habe bereits begonnen. Auch in anderen großen Märkten wie Indien, Südamerika oder Russland will VW das Economy-Segment erschließen.
Neues VW-Ziel: Bis 2025 Weltmarktführer bei Elektroautos