
Mit seinen Äußerungen auf der Analystenkonferenz am Freitag vergangener Woche versetzte Daimler-Chef Dieter Zetsche seine Betriebsräte in Aufruhr – und seine Belegschaft gleich mit: „Wir werden beim Antrieb so früh wie möglich reduzieren“, sagte Zetsche. Daimler habe zwar „die Verantwortung, das Personal, das an Bord ist, zu sichern – aber wir sehen keine Verantwortung, die Stellen zu sichern.“ Die Pkw-Sparte Mercedes-Benz werde auch bei steigendem Produktionsvolumen keine neuen Mitarbeiter einstellen.
Daimler-Betriebsratschef Michael Brecht kritisierte daraufhin Zetsche in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung scharf: „So etwas habe ich in meiner Zusammenarbeit mit Dieter Zetsche bislang noch nicht erlebt“, so Brecht. „Jeder im Unternehmen“ rede darüber, „wie sich die Elektromobilität auf unser Unternehmen auswirken wird“. Alle wissen demnach, „dass es schwierig wird, die heutige Anzahl an Mitarbeitern zu halten“, selbst wenn Daimler „alle Komponenten der Elektromobilität selbst fertigen“ würde. „Elektromotoren erfordern einfach viel weniger Personal“, so der Betriebsratschef.
Gleichzeitig seien die Arbeiter aber „momentan an fast allen Standorten rund um die Uhr“ im Einsatz, „um die gegenwärtige Nachfrage zu bedienen“, erklärte Brecht. „Wenn man in so einer Situation über Dritte erfährt, dass das Unternehmen bei den Verbrennern die Beschäftigung reduzieren und offenbar gar nicht gemeinsam mit dem Betriebsrat nach Lösungen suchen will, ist das wirklich ein Unding“, sagte er und fügte hinzu: „Natürlich sind wir verärgert“.
„Es gibt noch genügend Länder, die Lichtjahre von der Elektromobilität entfernt sind“
Er und seine Betriebsrats-Kollegen werden nun „nicht einfach zur Tagesordnung“ übergehen und „jetzt umso mehr klare Aussagen“ einfordern, „wie es an den Standorten, die noch nicht an der E-Strategie beteiligt sind, weitergeht“. Man müsse die „Beschäftigten auf den Transformationsprozess vorbereiten, sie entsprechend rechtzeitig und umfassend qualifizieren und so auf dem Weg mitnehmen“, forderte Brecht in dem Interview.
Außerdem könne man „in den Motorwerken nicht die Beschäftigung reduzieren, wenn wir noch sehr viele Jahre lang Motoren in hoher Stückzahl produzieren wollen. Und das müssen wir“, meint Brecht: „Selbst wenn wir in Deutschland nur noch E-Autos fahren würden, gibt es noch genügend Länder, die Lichtjahre von der Elektromobilität entfernt sind“.
„Wir erwarten, dass Daimler sich verpflichtet fühlt“
Auch Wolfgang Nieke, Betriebsratsvorsitzender des Motorenwerks in Untertürkheim, fand klare Worte in Richtung Zetsche: „Das Werk Untertürkheim leistet mit einer Million Überstunden und einer Vielzahl von Sonn- und Feiertagen jedes Jahr einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens“, sagte er den Stuttgarter Nachrichten. „Vor diesem Hintergrund sehe ich nicht, wie der Vorstand so früh wie möglich die Beschäftigung reduzieren will.“ Es gehe bei diesem Thema aber auch um die Zukunft der Werke in Berlin, Hamburg und Kölleda, fügte er hinzu.
Nieke stellte klar: „Wir erwarten, dass Daimler sich der Tradition des Neckartals und der Region verpflichtet fühlt und auch die neuen Antriebstechnologien in unseren Powertrainwerken fertigt.“ Daimler will bis Mitte des nächsten Jahrzehnts ein Viertel bis ein Drittel seines Absatzes mit Elektroautos erzielen. Zehn neue Modelle sind bis dahin geplant.
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